…wie ich bereits beschrieb, beschäftigt sich außer dem im Wettbewerb aufgeführten “Tui Na”(China) mit “Blind” ein weiterer Film mit einer blinden Protagonistin. Dessen Regisseur Eskil Vogt erzählte im Q&A vorgestern, dass er auf der Straße ein Gespräch gehört hätte, jemand würde einen Film “blind” anschauen. Da sein Film nunmal genau so heißt freute er sich – bloß um später heraus zu finden, dass gemeint war: ohne Vorwissen, ohne Abwägung, ohne Vorurteil. Vogt meinte, dies währe eine schöne Metapher, auch wenn die Behinderung an sich natürlich weniger angenehm ist.
Hoje eu quero voltar sozinho | The way he looks at me
Leo ist Gymnasiast, verbringt viel Zeit mit seiner besten Freundin Giovana, hat ein gutes Verhältnis zu seinen sympathischen Eltern und : ist blind. Seine Eltern tendieren dazu ihn von allen Gefahren abschotten zu wollen. In einer offenbar integrierten Schulform nimmt er jedoch am “normalen” Unterricht teil. Giovana, die ihn mehr als nur mag, kümmert sich nur zu gern um ihn. Sie plaudern endlos, schmieden Pläne über Auslands-Studien, sind füreindander da. Dies kleine Universum kommt durcheinander, als der charismatische Gabriel der Schulklasse beitritt. Leo ist verwirrt über seine Zuneigung zu ihm – war er sich doch vor kurzem noch sicher, das mit der Liebe, das hätte noch Zeit. Giovana wiederum ist konsterniert, dass ihre kleine Welt mit Leo langsam in sich zusammen fällt. Der einzige, der nicht verwirrt ist, ist Gabriel. Er scheint sich seiner Gefühle seine Sexualität klar zu sein. Fragt sich nur, wie er und nebenbei noch die Avancen der Mitschülerinnen abwimmeln soll
Schüler zu spielen muss undankbar sein. Bestenfalls geht man als Mime altersmäßig gerade noch durch (man denke an Michael J. Fox, der bei Zurück in die Zukunft 10 Jahre älter als seine Rolle war). Hier kommt noch hinzu, dass die Hauptdarsteller drei Jahre älter geworden sind, seitdem sie die gleichen Rollen bereits in einer Kurzfilm-Version des Plots (gleicher Regisseur) gespielt haben.
Regisseur Daniel Ribeiro hat es geschafft in dieses geschickt balancierende Drama auch noch Humor zu packen. Nichts wirkt hier forciert oder ausgedacht. Wieder und wieder ist unklar, welchen Weg die Figuren gehen werden, ob sie es schaffen Ihren eigentlichen Gefühlen endlich Ausdruck zu geben. Heranwachsenden – Drama, so wie es sein sollte.
Die fast rührenden und erlösenden Schluss-Szenen, insbesonders die letzten Einstellungen belohnen uns dazu.
Randbemerkung : Ein schwuler Kuss kommt endlich/überraschend zustande – und das Publikum “schrickt” oder schrillt nicht auf. Was im Mainstream Kino leider immer noch kaum der Fall ist….hier und heute abend konnte man bestenfalls Aufatmen hören.
In Kürze: Ein chinesicher Film Noir